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Nach Dakla

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Der Weg nach Dakhla

Wir durchqueren die Weiten der Westsahara in Richtung Dakhla – eine Landschaft aus Einsamkeit, Stille und endloser Kargheit, die dennoch immer wieder Momente des Staunens schenkt. Die Fahrt verläuft zunächst eintönig, fast schon monoton, und wir glauben, dass es die nächsten 300 Kilometer so weitergehen wird. Doch so eine Distanz birgt Überraschungen – Begegnungen und Eindrücke, die man hier kaum erwarten würde.

Die Küstenstraße führt uns an einer Sand- und Steinwüste entlang. Siedlungen? Fehlanzeige. Nur selten taucht in der Ferne ein Häuschen auf, vielleicht mit einem kleinen Café – doch meist bleibt es bei der Vorstellung. Einsamkeit pur. Am Morgen begegnen uns kaum Fahrzeuge, obwohl wir uns auf der Hauptroute nach Dakhla befinden. Mit rund 90 km/h rollen wir dahin, durch eine Landschaft, die sich nur darin verändert, dass der Sand immer heller, fast schon weiß, zu werden scheint.

Plötzlich entdecken wir in der Ferne weiße, sich bewegende Punkte, die ebenfalls Richtung Süden unterwegs sind. Doch ihre Geschwindigkeit lässt uns ahnen, dass hier etwas Gigantisches transportiert wird. Je näher wir kommen, desto deutlicher wird: Das sind Rotorblätter von Windkraftanlagen – riesige Flügel, mindestens 60 Meter lang, vielleicht sogar mehr.

Wir staunen. Jeder Flügel ragt weit über die letzte Befestigung des Transporters hinaus und schaukelt bei jeder Bodenwelle auf und ab – bestimmt einen Meter in jede Richtung. Man könnte Angst bekommen, dass sie gleich zerbrechen. Und wir fragen uns: Wie um alles in der Welt sollen wir so ein Monstrum überholen?

Ein riskantes Manöver kommt für uns nicht in Frage. Also beschließen wir, an der nächsten Tankstelle anzuhalten, um Abstand zu gewinnen. Vielleicht legt der Konvoi ja selbst eine Pause ein. Die Tankstelle erweist sich als Treffpunkt für Überlandbusse zwischen Agadir und Dakhla. Sobald ein Bus eintrifft, öffnet der kleine Laden seine Tür und verkauft Getränke und Snacks – ansonsten bleibt er geschlossen. Wir nutzen die Gelegenheit, kaufen Wasser, vier Joghurts und drei kleine Macaron-Biskuits.

Im angeschlossenen Restaurant lockt eine Espressomaschine. Endlich Kaffee, denken wir – doch Fehlanzeige. „Defekt“, erklärt uns der Wirt und bietet stattdessen löslichen Instantkaffee an. Wir lehnen dankend ab. Also bleibt uns nichts anderes, als auf den nächsten richtigen Kaffee zu warten.

Wenig später setzen wir die Fahrt fort, in der Hoffnung, den Konvoi hinter uns gelassen zu haben. Und tatsächlich: Bei der nächsten Tankstelle haben die Fahrer Mittagspause gemacht. Jeder Flügel wird von einem Begleitfahrzeug überwacht, die gesamte Kolonne zieht sich über mindestens 300 Meter – lückenlos, ohne Möglichkeit, zwischendurch einzuscheren. Doch diesmal haben wir Glück: Kein Gegenverkehr, freie Straße. Vorsichtig, aber entschlossen überholen wir die gigantische Kolonne. Ein Moment der Erleichterung – und ein Erlebnis, das wir sicher nicht vergessen werden.

Weiter Richtung Wärme – und ein Bild des Schreckens

Je weiter wir Richtung Süden fahren, desto wärmer wird es. Das Thermometer klettert über 30 Grad – doch sobald wir der Küste wieder ganz nahekommen, sinkt die Temperatur plötzlich auf angenehme 24 Grad. Der Atlantik, mit seinem kühlen Wasser, wirkt wie eine riesige Klimaanlage: Er reguliert die Wärme so stark, dass es entlang der Küste kaum Unterschiede zwischen Tag und Nacht gibt.

Plötzlich biegt Richard, ein Engländer, den wir noch von unserer letzten Reise kennen, überraschend Richtung Meer ab. Ohne Vorwarnung verlässt er die Straße – neugierig folgen wir ihm. Nach etwa 150 Metern eröffnet sich uns ein Bild des Schreckens: Eine ganze Küstenlinie ist eingebrochen.

Vor uns liegt eine zerbrochene Landschaft. Gigantische Platten, sicher zehn Meter groß, sind in die Tiefe gestürzt. Der Fels war von unten so stark unterspült, dass er seine eigene Last nicht mehr tragen konnte – und einfach nachgab.

Hier erinnerte uns ein tragisches Ereignis:
Im März 2024 kam es unweit von Dakhla, in der Küstenzone von Taourta, zu einem tödlichen Klippenabbruch. Ein französisches Ehepaar hatte sein Wohnmobil zu nah an der Kante geparkt. Plötzlich gab der Boden nach, das Fahrzeug stürzte in die Tiefe. Der Mann verlor sein Leben, seine Frau wurde schwer verletzt ins Krankenhaus gebracht. Lokale Medien sprachen vom „Effondrement d’une falaise“ – einem Einsturz der Klippe. In sozialen Netzwerken hieß es sogar, der Mann habe unterhalb der Klippe gefischt, als die Felswand ihn traf. Ob das so war, blieb unbestätigt – aber die Botschaft ist klar: Diese Küste ist instabil, sie kann ohne Vorwarnung nachgeben.

Bis heute sind an derselben Stelle keine neuen großen Abbrüche bekannt, doch die Gefahr bleibt real. Wer hier unterwegs ist – ob mit Camper oder zu Fuß – sollte mindestens zehn bis fünfzehn Meter Abstand zum Rand halten. Besonders dort, wo überhängende Felsen oder frische Risse im Boden zu sehen sind.

Für uns war dieser Anblick eine eindringliche Mahnung: So faszinierend und spektakulär die Atlantikküste auch ist – sie fordert Respekt und Vorsicht.

Und doch, nur wenige Meter weiter unten, am Fuß der eingebrochenen Felsen, lebten Fischer und Taucher auf den abgesunkenen Platten. Sie hatten sich kleine Hütten gebaut, notdürftig zusammengezimmert. Ihr Alltag war hart, jede Nacht mühten sie sich ab, im Atlantik einen Fang zu machen.

Als wir sie besuchten, empfingen sie uns jedoch mit einem Lächeln. Sie freuten sich über die Begegnung – und ganz besonders über Adia. Für sie war unser Hund ein kleines Wunder. Sie wollten ihn unbedingt einmal an der Leine halten, machten Fotos voller Stolz und Freude. Zum Dank boten sie uns sogar einen frisch gefangenen Oktopus als Geschenk an – doch wir lehnten ab.

Wir spürten, dass sie weit weniger besitzen als wir – und dass dieser Fang für ihr eigenes Überleben bestimmt war. Stattdessen nahmen wir etwas anderes mit: die Demut vor der Natur und die Herzlichkeit dieser Menschen, die trotz harter Umstände lachen können.

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