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Christen

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Afrikanische Kirche: Christliche Werte, die berühren

Wenn die Reise durch westafrikanische Gebiete geht, ist die Konfrontation mit verschiedenen Glaubensrichtungen vorprogrammiert. Im Norden begegnet man fast ausschließlich dem muslimischen Glauben, während weiter südlich der christliche Glaube immer mehr zunimmt. Da wir im christlichen Glauben erzogen wurden, kommt uns der Islam am Anfang sehr fremd und mit viel Skepsis entgegen. Nicht so bei den Menschen hier, die diesen Glauben praktizieren.

Da sind die fremden Gesänge des Muezzins, der je nach Gegend für unsere Ohren immer wieder anders klingt. Mit der Zeit ist die Gewöhnung an diese Klänge so alltäglich geworden, dass man sie – wenn wir uns weiter südlich aufhalten – fast schon vermisst. Ich will damit nicht sagen, dass wir diese Art der Huldigung ganz verstehen, aber irgendwie gehört sie zum Reisen dazu. Sie hat urplötzlich eine beruhigende Wirkung auf uns, auch wenn sie morgens um fünf Uhr manchmal ein wenig nervt. Mit der Zeit merkt man, dass man sich im Bett nur einmal umdrehen muss und sich sagt: „So kann ich ja noch zwei Stunden gemütlich liegen bleiben.“

Nigeria

Nun sind wir in Nigeria, dem Land, das durch den Glauben zweigeteilt ist: in eine Hälfte Muslime und eine Hälfte Christen. Auf dem Weg dorthin sind wir besonders in Togo und Benin auch mit dem Voodoo-Glauben konfrontiert worden, der eine eigene Würdigung verdient hätte, um ihn besser zu verstehen.

Während unserer Afrikadurchquerung kommen wir leider auch in Gebiete, in denen wir immer wieder eindringlich gewarnt werden, Vorsicht walten zu lassen – dass wir bestimmte Zonen besser meiden sollten, um Entführungen entgegenzuwirken. Besonders vor Nigeria werden wir immer wieder gewarnt, möglichst vorsichtig zu sein. Den Norden lassen wir deshalb lieber aus und versuchen, möglichst weit südlich zu bleiben. Die Route führt uns über Benin City nach Calabar, einem der größeren Orte im ehemaligen Gebiet von Biafra. In meinem Kopf ist Biafra immer noch mit verhungernden Kindern und viel Leid verbunden. Wenn man diese Gegend bereist, ist man fast gezwungen, sich mit der Geschichte der Kirche während dieses Krieges auseinanderzusetzen, um zu verstehen, welche Rolle sie heute vor Ort spielt.

Die anglikanische Kirche der Igbo: Glaube, Gemeinschaft und Identität

Im Südosten Nigerias ist die anglikanische Kirche weit mehr als eine christliche Konfession. Für viele Igbo ist sie ein tragender Teil ihrer Identität – historisch, kulturell und spirituell.

Die anglikanische Kirche kam im 19. Jahrhundert mit britischen Missionaren in das Igbo-Gebiet. Doch sie blieb nicht lange eine „importierte“ Kirche. Die Igbo eigneten sich den Glauben an und verbanden ihn mit ihrer Sprache, ihrer Musik und ihrem Gemeinschaftsverständnis. Daraus entstand eine Kirche, die zugleich anglikanisch und zutiefst afrikanisch ist.

Während des Biafra-Krieges von 1967 bis 1970 – dem Nigerian Civil War – wurde die anglikanische Kirche zu einem Anker in einer Zeit völliger Unsicherheit. Als staatliche Strukturen zerfielen, übernahmen die Kirchengemeinden Verantwortung: Sie organisierten Hilfe, nahmen Flüchtlinge auf, kümmerten sich um Waisen und hielten die Gemeinschaft aufrecht. Für viele Menschen war die Kirche der einzige Ort, an dem Ordnung, Trost und Hoffnung geblieben waren.

Diese Erfahrung prägt die anglikanische Kirche der Igbo bis heute. Gottesdienste sind nicht zurückhaltend oder distanziert, sondern gemeinschaftlich und getragen. Gesang, Trommeln und rhythmische Antworten aus der Gemeinde sind Ausdruck eines Glaubens, der gemeinsam gelebt wird. Die Liturgie folgt anglikanischer Ordnung, doch ihr Herz schlägt afrikanisch.

Die Theologie der Igbo-Anglikaner ist meist bibeltreu und konservativ, zugleich aber stark auf das tägliche Leben bezogen. Glaube ist keine Privatsache, sondern etwas, das Familie, Dorf und Gemeinschaft zusammenhält. Die Kirche begleitet Menschen von der Geburt bis zum Tod, in Freude wie in Krisen. Sie ist Bildungsort, sozialer Treffpunkt und moralische Instanz zugleich.

Auch politisch sensiblen Themen wie Biafra begegnet die Kirche mit Vorsicht. Offene Parolen werden vermieden, doch Fragen nach Würde, Gerechtigkeit und Versöhnung sind in vielen Predigten präsent – oft zwischen den Zeilen. Die Kirche versteht sich dabei weniger als politische Akteurin, sondern als Raum, in dem Heilung möglich wird.

Wer als Besucher einen anglikanischen Gottesdienst im Igbo-Gebiet erlebt, spürt schnell: Diese Kirche lebt von Erfahrung. Sie ist durch Leid gegangen und hat gelernt, dass Gemeinschaft überlebt, wenn sie getragen wird von Glauben, Musik und gegenseitiger Verantwortung. Die anglikanische Kirche der Igbo ist deshalb nicht laut aus Missionseifer, sondern aus Überzeugung. Sie singt nicht, um zu beeindrucken, sondern um zusammenzubleiben.

Das tiefgreifende Erlebnis

Das tiefgreifende Erlebnis eines Gottesdienstes hier vor Ort wird uns sicher prägend in Erinnerung bleiben. Gleichzeitig wirft es aber auch Fragen auf, warum unsere christliche Kirche in ihrer Steifheit verharrt und immer noch als weltliche Instanz gelten will. Das Mitreißende, das eine christliche Gemeinschaft doch ausmachen sollte, wird bei uns völlig ignoriert, und es werden zu oft die alten Werte glorifiziert. Dass dies eine Tugend vor allem von uns Schweizern ist, ist das eine; aber wenn die Werte nicht mehr verstanden werden, weil sie einfach zu starr und unverständlich sind, so sollten auch bei uns Wege gesucht werden, um die Begeisterung für den christlichen Glauben wieder zu entfachen.

Schade, dass so wenige bei uns in Europa die Möglichkeit haben, einmal eine ähnliche Erfahrung zu machen, wie wir sie letzten Sonntag machen durften. Für mich ist klar, dass es sich lohnt, den Glauben an den Glauben zu behalten; dass es wichtig ist, sich von den negativen Meldungen, die wir täglich von der Kirche hören, zu lösen und an das persönlich Erlebte zu glauben. Denn es lohnt sich, das Herz zu öffnen für die Wärme, die die Menschen hier uns mit auf den Weg gegeben haben, und an das Gute und Göttliche zu glauben.

Eine kleine Anmerkung dazu: Ganz überraschend mussten wir während der Predigt nach vorne zu Pastor Nelson gehen, damit er uns der Gemeinschaft vorstellen konnte. Er hat ein wenig von uns und unserer Reise erzählt und was wir so erlebt haben, weil er schon Teile unserer Homepage gelesen hatte. Ja, er hat der Gemeinde gesagt, dass sie uns für die Weiterreise alles Gute mit auf den Weg geben sollen. Und sie haben uns dies mit Applaus gewünscht. Wo sonst kann man solche tiefgreifenden Erlebnisse bekommen als bei den Menschen, die nicht so viel besitzen wie wir, aber ganz fest an das Göttliche glauben und das Gute im Menschen nie in Zweifel ziehen?

Ja, das spüren wir tagtäglich auf unserer Reise. Das gelingt jedoch nur, wenn man bereit ist, sich zu öffnen und nicht nur das Negative sehen will, sondern sich von den angenehmen und schönen Momenten treiben lässt. Wie sehr wünsche ich mir, dass auch wir uns so loyal gegenüber diesen Menschen hier auf dem Kontinent Afrika verhalten würden, wie wir es tagtäglich selbst bei der korrupten Polizei erleben dürfen – weil auch sie uns meistens mit großem Respekt begegnet. Ein paar kleine Geschichten, die wir mit der Polizei und dem Zoll erleben durften, werde ich in einem folgenden Bericht aufschreiben. Diese Erlebnisse bringen uns doch immer wieder zum Schmunzeln – welche Fantasien solche Kontrollorgane an den Tag legen, nur um uns dazu zu bringen, dass sie ein „Geschenk“ bekommen.

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